In fünf Ausgaben der Zeitschrift „Hausbesitzer“ erschien eine Reihe von Dr. Agnes Dormann zu aktuellen und praxisrelevanten Fragen der persönlichen Vorsorge, welche der Leserschaft anhand der Geschichte einer fiktiven Familie die verschiedenen Bereiche der persönlichen Vorsorge näher brachte. Diese Reihe wird mit freundlicher Genehmigung des „Hausbesitzers“ an dieser Stelle im Intervall von 14 Tagen veröffentlicht. Heute: Teil 5 – Grundstücke im Nachlass.
Liliane Winzer-Vizou (78) lebt nach dem Tod ihres Ehemanns Franz (79) weiterhin allein in ihrem Einfamilienhaus in Riehen.
Im Ehevertrag hatte das Ehepaar den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft vereinbart und bestimmt, dass bei Auflösung der Ehe durch Tod alle Vermögenswerte im Gesamtgut, somit neben dem Einfamilienhaus in Riehen zwei Mehrfamilienhäuser in Basel und auch alle Bankkonti, dem überlebenden Ehegatten zu Allleineigentum anwachsen würden. Im Ehevertrag war aber für den überlebenden Ehegatten auch das Wahlrecht vorgesehen worden, auf die Anwachsung sämtlicher Vermögenswerte ganz oder teilweise zu verzichten und das Gesamtgut ganz oder teilweise in den Nachlass des vorverstorbenen Ehegatten, hier von Franz, fallen zu lassen. Gemäss den erbvertraglichen Bestimmungen kann Liliane somit wählen, welche Vermögensgegenstände sie in Anrechnung an ihre güter und erbrechtlichen Ansprüche als Alleineigentum übernehmen will. Sie ist also frei, beispielsweise das Eigentum an den Liegenschaften auf die übrigen Erben — ihre Kinder Clara und Anthony — zu übertragen. Gemäss ausdrücklicher Bestimmung im Erbvertrag hat sie auch das Recht, sich die Nutznies-sung vorzubehalten, und damit die Kinder nur mit dem sogenannten «nackten Eigentum» abzufinden. Liliane könnte den gemeinsamen Nachkommen deren Pflichtteil auch in bar auszahlen und alle Vermögenswerte in ihr Alleineigentum übernehmen.
Der Wert des Vermögens und damit das Gesamtgut der Ehegatten Franz und Liliane Winzer-Vizou besteht grösstenteils aus Liegenschaften, die laufend und gut unterhalten wurden und weitgehend unbelastet von Hypotheken sind. Im aktuellen Marktumfeld würden die Grundstücke bei einem Verkauf an die Meistbietende bis zu CHF 4 Mio. bringen, wobei mit Grundstückgewinnsteuern im Bereich von CHF 400’000 zu rechnen wäre. Das Wohnhaus in Riehen wäre dabei noch gar nicht berücksichtigt. Die Ehegatten haben von ihren AHV-Renten, einer BVG-Rente des Ehemannes und den Erträgen aus den Mehrfamilienhäusern gelebt. Flüssiges Vermögen auf Bank- und Depotkonti ist in der Höhe von rund CHF 300’000 vorhanden.
Liliane hätte somit definitiv zu wenig flüssige Mittel, um ihre Kinder in bar auszuzahlen. Damit würde sie sich sämtlicher Liquiditätsreserven berauben, mit denen sie beispielsweise ein Pflegeheim oder eine Alterswohnung finanzieren könnte. Sie entscheidet sich deshalb, in Anrechnung an ihre güter- und erbrechtlichen Ansprüche das Einfamilienhaus in Riehen und sämtliche flüssigen Mittel zu übernehmen und Clara und Anthony die beiden Mehrfamilienhäuser zu überlassen; dies unter dem Vorbehalt der Nutzniessung. Damit hat Liliane ihr laufendes Einkommen, vor allem aber auch die notwendige Liquidität gesichert.
Die Änderungen der Eigentumsverhältnisse werden in einem schriftlichen Erbteilungsvertrag geregelt und bezüglich der Grundstücke beim Grundbuchamt angemeldet. Damit Liliane Alleineigentümerin des Einfamilienhauses wird, scheiden die Kinder aus dem Gesamteigentum aus; bei den Mehrfamilienhäusern Liliane. Clara und Anthony bleiben gesamthänderische Eigentümer im Rahmen der Erbengemeinschaft. Es fallen keine Handänderungssteuern an, die Grundstückgewinnsteuern werden bis zu einem Verkauf oder allenfalls bis zu sonstigen Änderungen in der fortgesetzten Erbengemeinschaft aufgeschoben.
Die Vereinbarung der Gütergemeinschaft und die erbrechtliche Meistbegünstigung im Ehe- und Erbvertrag mit den umfassenden Wahlrechten und Erbteilungsvorschriften haben es Liliane und ihren Kindern erlaubt, eine massgeschneiderte Lösung für alle Beteiligten zu finden.