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Eingetragene Partnerinnen und Partner aufgepasst: Die Umwandlung in eine Ehe hat güterrechtliche Folgen. Bei Kinderlosigkeit gilt es auch das Erbrecht der Eltern zu beachten.

1. Einleitung
Bis anhin war die Ehe in der Schweiz verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehalten. Am 1. Juli 2022 wird jedoch die „Ehe für alle“ eingeführt, womit ab diesem Zeitpunkt auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten können.

2. Eingetragene Partnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden
Gleichgeschlechtliche Paare hatten bisher lediglich die Möglichkeit, eine „eingetragene Partnerschaft“ einzugehen. Wer momentan in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, kann diese ab dem 1. Juli 2022 in eine Ehe umwandeln lassen. Dafür bedarf es lediglich einer Umwandlungserklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten, welche auf Antrag auch feierlich in Anwesenheit von zwei Zeugen im Trauungslokal entgegengenommen wird.

3. Umwandlung führt zum Güterstand Errungenschaftsbeteiligung
Die Umwandlung einer eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe wirkt sich auf den Güterstand des betreffenden Paares aus. Ab dem Zeitpunkt der Umwandlung gilt nämlich nicht mehr das „Vermögensrecht“ des Partnerschaftsgesetzes, welches faktisch einer Gütertrennung gleich kommt, sondern neu der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, wie er ohne anderslautenden Ehevertrag auch für verschiedengeschlechtliche Ehepaare gilt. Und dieser Güterstand hat wiederum Auswirkungen auf die Beteiligung des einen Ehegatten am Vermögen des anderen im Todes- oder Scheidungsfall.

4. Errungenschaftsbeteiligung bewirkt die hälftige Vorschlagsbeteiligung bei Auflösung der Ehe
Beim ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist jeder Ehegatte Eigentümer von zwei getrennten Vermögensmassen (Gütermassen); seinem Eigengut und seiner Errungenschaft. Insgesamt bestehen also vier Gütermassen pro Ehepaar. Zur Errungenschaft gehören all diejenigen Vermögenswerte, welche ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt, also bspw. der Arbeitserwerb. Bei Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung wird auch der Güterstand aufgelöst. Und dabei hat der eine Ehegatte aus Ehegüterrecht einen Anspruch auf die Hälfte des sog. „Vorschlags“ des anderen, d.h. auf die Hälfte des Aktivsaldos der Errungenschaft des anderen. Selbstverständlich besteht dieser Anspruch folglich auch für gleichgeschlechtliche Ehepaare.

Für das Institut Ehe ist diese hälftige Beteiligung am Vorschlag nichts Neues – für die nun verheirateten, ehemals aber eingetragenen Partnerinnen und Partner, allerdings schon. Unter dem Regime des Partnerschaftsgesetzes hatten sie nämlich bei Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mangels „Vermögensvertrag“ keinen Anspruch auf Beteiligung am Vermögen der anderen Partnerin oder des anderen Partners.

5. Güterrecht und Erbrecht sind nicht dasselbe
Die vorgegangenen Ausführungen haben sich nur auf das Güterrecht bezogen. Im Todesfall eines Ehegatten folgt auf die güterrechtliche Auseinandersetzung aber auch noch eine erbrechtliche Auseinandersetzung. Der überlebende Ehegatte hat also nebst dem Anspruch aus Güterrecht auf hälftige Beteiligung am Vorschlag des verstorbenen Ehegatten auch noch einen erbrechtlichen Anspruch an dessen Nachlass, welcher sich aus dem Vermögen des Verstorbenen abzüglich des vorhin behandelten Anspruchs aus Güterrecht zusammensetzt. Die Erbquote variiert, je nach dem, mit wem der überlebende Ehegatte den Nachlass zu teilen hat.

6. Achtung: Bei kinderlosen Ehepaaren erben auch die Eltern bzw. Schwestern oder Brüder
Weil gerade gleichgeschlechtliche Ehepaare (trotz Möglichkeiten der Adoption und der Fortpflanzungsmedizin) oftmals kinderlos sein dürften, gilt es abschliessend einen verbreiteten Irrtum auszuräumen. Wer nämlich meint, dass sich sein Vermögen, weil sie oder er keine Kinder hat, im Todesfall sowieso (ausschliesslich) an den überlebenden Ehegatten vererbt, irrt sich. Denn auch das revidierte Erbrecht (in Kraft ab 1.1.2023) sieht vor, dass die Erbschaft bei Nichtvorhandensein von Kindern nebst an den überlebenden Ehegatten auch an den Stamm der Eltern gelangt. Da die Eltern regelmässig vorverstorben sein werden, gelangen schliesslich neben dem überlebenden Ehegatten die Schwestern und Brüder des Verstorbenen an die Erbschaft.

7. Gestaltungsmöglichkeiten
Wünschen Sie als gleichgeschlechtliches Ehepaar einen anderen Güterstand als die Errungenschaftsbeteiligung (z.B. die Gütertrennung, die dem Vermögensrecht der eingetragenen Partnerschaft am nahesten kommt), eine andere Vorschlagsbeteiligung oder die Maximalbegünstigung des überlebenden Ehegatten, so gibt es mittels Ehevertrag verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.

Auf der erbrechtlichen Seite sollten Sie sich überlegen, mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner einen Erbvertrag abzuschliessen, der nur einvernehmlich aufgelöst werden kann, oder ein jederzeit widerrufliches Testament zu errichten.

Gerne beraten wir Sie entsprechend Ihren Bedürfnissen und Wünschen und stehen Ihnen bei der Ausgestaltung von Nachlassplanungen gerne zur Seite. Des Weiteren nehmen wir auch die erforderlichen öffentlichen Beurkundungen vor und freuen uns jederzeit auf Ihre Kontaktaufnahme.

Agnes Dormann

Agnes Dormann

Anwältin und Notarin, Fachanwältin SAV Erbrecht, Mediatorin SAV

Benedict Leupold

MLaw, juristischer Mitarbeiter